(Durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Dresden überholt)
Empfehlungen für die Entscheidung über Anträge auf Zulassung des Betriebs von Fahrradtaxen
Fahrradtaxen sind dreirädrige, überwiegend mit Trethilfen * ausgestattete Fahrräder, mit denen Personenbeförderung vorrangig erwachsener Fahrgäste im öffentlichen Straßenverkehr gegen Entgelt angeboten und durchgeführt wird; zugleich werden Fahrradtaxen als mobile Werbeträger genutzt. Dem Fahrradtaxenbetrieb stehen folgende Vorschriften der StVO entgegen:
- Bei angeordneten Zeichen 237, 240, 241 gilt auch für diese Fahrräder die Radwegebenutzungspflicht nach § 2 Abs. 4 Satz 2 StV
- Auf Fahrrädern ist die Mitnahme von Personen nur dann erlaubt, wenn es sich um ein Kind unter 7 Jahren handelt – § 21 Abs. 3 StV
- Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StVO ist das Anbieten von Leistungen aller Art – hier der Personenbeförderungsleistung – auf der Straße verboten.
Ein rechtmäßiger Fahrradtaxibetrieb ist daher nur möglich, wenn von diesen Vorschriften Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Den zuständigen unteren Straßenverkehrsbehörden wird empfohlen, einem antragstellenden Unternehmen für die Fahrer und Fahrerinnen seiner Fahrradtaxen solche Ausnahmegenehmigungen gem. § 46 Abs. 1 Nr. 1, 5a, 9 StVO zu erteilen und dabei die nachstehenden Maßgaben zu Grunde zu legen.
* elektromotorischer Hilfsantrieb entsprechend Kapitel I Art. 1 Abs. 1 Buchstabe h der Richtlinie 2002/24/EG vom 18. März 2002
1. Bereiche und Strecken des zugelassenen Betriebs:
Es wird empfohlen,
- den Betrieb in Tempo 30-Zonen generell zu genehmigen;
- auf Bussonderfahrstreifen mit zugelassenem Fahrradverkehr den Betrieb dann nicht zuzulassen oder tageszeitlich zu beschränken, wenn und soweit die Taktdichte des Busverkehrs und die Stärke des Taxi-Verkehrs zusätzlichen Verkehr mit dreirädrigen Fahrrädern, die nur erschwert überholt werden können, nicht mehr zulässt;
- hinsichtlich der örtlichen Hauptverkehrsstraßen gemeinsam mit dem antragstellenden Unternehmen ein Verzeichnis über die Strecken zu erstellen, auf denen der Fahrradtaxibetrieb wegen der Sicherheit oder Flüssigkeit des allgemeinen Verkehrs nicht zugelassen werden kann, und ihn im Übrigen – ggf. mit tageszeitlicher Beschränkung – zuzulassen;
- die Festlegungen über die Strecken des untersagten oder tageszeitlich beschränkten Betriebs von Fahrradtaxen in einer Anlage zum Genehmigungsbescheid aufzuführen.
2. Geltungsbereich und Geltungsdauer:
Die Ausnahmegenehmigung ist für den Zuständigkeitsbereich der genehmigungserteilenden Behörde und unter dem Vorbehalt des Widerrufs zu erteilen. Bei der Ersterteilung soll die Dauer auf 1 Jahr beschränkt werden. Danach kann die Ausnahmegenehmigung jeweils für höchstens 3 weitere Jahre erteilt werden.
3. Bedingungen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung:
Die Erteilung der Ausnahmegenehmigung setzt voraus, dass das antragstellende Unternehmen
- den Abschluss einer Versicherung zu Gunsten der Fahrgäste mit folgenden Mindestversicherungssummen:
- für Personenschäden: 250.000 €, für die einzelne Person mindestens 100.000 €
- für Sachschäden: 50.000 €
- für Vermögensschäden: 5.000 €
sowie den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Schäden aus dem gewerblichen Betrieb der Fahrradtaxen jeweils für den Genehmigungszeitraum,
- die ausreichende Kenntnis über die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften der für das antragstellende Unternehmen tätigen Fahrer und Fahrerinnen durch Vorlage einer Fahrerlaubnis oder einer Prüfbescheinigung (§ 5 Abs. 1 FeV) in jedem Einzelfall sowie
- die Geeignetheit der verwendeten Fahrradtaxen zur Beförderung von bis zu zwei erwachsenen Fahrgästen durch Vorlage eines Gutachtens einer Technischen Prüfstelle oder einer amtlichen anerkannten Überwachungsorganisation nachgewiesen sowie ggf. die erforderlichen Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO vorgelegt hat.
4. Auflagen:
Es wird empfohlen, die Ausnahmegenehmigung mit folgenden Auflagen zu erteilen:
- Der Genehmigungsinhaber hat die Fahrradtaxen vor Betriebsaufnahme fortlaufend zu nummerieren und mit einem deutlich erkennbaren Schild mit der jeweiligen Nummer (Schrifthöhe mindestens 77 mm) auf der Rückseite zu versehen.
- Er hat Aufzeichnungen über Namen und Anschriften der Fahrer und Fahrerinnen unter Angabe der Nummer der geführten Fahrradtaxen und der Zeiten der Fahrzeugführung zu führen, mindestens 4 Monate aufzubewahren und berechtigten Personen auf Verlangen auszuhändigen.
- Er hat die Fahrer und Fahrerinnen über die Nebenbestimmungen zu unterrichten und deren Einhaltung zu beaufsichtigen.
- Die Fahrer und Fahrerinnen haben bei jeder Fahrt (auch ohne Fahrgäste) eine Kopie der Ausnahmegenehmigung mit einer Kopie des Verzeichnisses über die Strecken, auf denen der Betrieb untersagt oder tageszeitlich beschränkt ist, sowie die Fahrerlaubnis oder die Prüfbescheinigung mitzuführen und auf Verlangen berechtigten Personen zur Prüfung auszuhändigen.
- Sie dürfen nicht mehr als zwei Personen, dabei ein Kind unter 10 Jahren nur in Begleitung eines Erwachsenen, befördern und haben die Fahrgäste darauf hinzuweisen, dass vorhandene Sicherheitsgurte zu benutzen sind.
5. Weitere Hinweise:
Der Genehmigungsinhaber ist darüber zu unterrichten, dass
- Verstöße der Fahrer und Fahrerinnen gegen die Nebenbestimmungen dem Genehmigungsinhaber zuzurechnen sind;
- die Ausnahmegenehmigung bei wiederholten Verstößen gegen Nebenbestimmungen der Ausnahmegenehmigung oder bei wiederholten Verstößen der Fahrer und Fahrerinnen gegen Straßenverkehrsvorschriften widerrufen werden kann.
Die Gebühr für die Ausnahmegenehmigung ist nach Gebühren-Nr. 264 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) festzusetzen.
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(BMVBW, Juni 2003)