
Bunte Rikscha aus Bangladesh
Die Fahrradrikschas von Bangladesh sind die farbenprächtigsten schillernsten Fahrzeuge auf dem ganzen Erdenball. Es sind die Künstler der politisch und gesellschaftlich unterdrückten ärmeren Bevölkerung, die das Farbenmeer der Dreiräder in die Städte Bangladeshs bringen.
Die ersten Rikschas tauchten Ende des zweiten Weltkrieges in Ost-Bengalen (jetzt Bangladesh) auf und es erwies sich, dass die Rikschas ein ideales Transportmittel für die meist ärmere Bevölkerung darstellten. Erschwinglich, arbeitssichernd und zuverlässig, vor allem da wo heute die meisten motorisierten Fahrzeuge kapitulieren müssen: in überschwemmten Straßen während des Monsun.
Die dreirädrigen Rikschas in Bangladesh bestehen aus einem normalen Fahrradrahmen, bei dem hinten entweder eine Sitzbank mit Verdeck oder eine oder eine Plattform für den Warentransport montiert ist. Während die Rikschas für den Personentransport mehr als reich verziert werden, ist dies bei den Rikschas zum Transport von Waren nicht nötig. Der Europäer wird es kaum glauben, was ein einzelner Mann alles mit reiner Muskelkraft auf solch einem Gefährt („ricksha vans“) befördern kann: riesige Säcke mit Getreide, große Körbe, Kisten und auch Ölfässer.
Bei den Rikschas, die für den Personentransport bestimmt sind, wird hingegen alles verziert: Das nach hinten klappbare Verdeck mit zahlreichen Plastikrüschen und –blümchen, die Rückseite des Verdecks mit Gemälden und sogar die Trittfläche, das Sitzpolster und der Rahmen der Rikscha werden mit Ornamenten geschmückt. Wichtig beim Verzieren ist aber auch eine Holz- oder Blechplatte, die am Heck der Rikscha angebracht wird.
Die künstlerische Gestaltung begann in den 50er Jahren, als einige Besitzer Filmplakate auf die Rückseiten der Rikschas klebten. Später als in Westpakistan Gemälde von Filmschauspielerinnen auftauchten haben sich diese Gemälde bald auch auf den Rikschas in Ost-Bengalen gefunden. Die Gestaltung der Rikschas ist zu einer Art Volkskunst und einer Mischung aus Kommerz und Individualität des Künstlers geworden. Später kamen zu den Motiven der Filmstars aus den Bollywoodfilme auch Tiermotive und Tierkampfszenen hinzu. Mit der Unabhängigkeit Bangladeshs 1971 folgten auch politische Themen. So waren z.B. Szenen aus den Freiheitskämpfen dargestellt. Besonders bildhafte Themen aus den Nachrichten schafften es auf den Rikschas verewigt zu werden. Nach dem Golfkrieg fuhren einige Rikschas z.B. mit Saddam Hussein-Gemälden durch die Straßen Dhakas. In den vielen Motiven finden sich aber die Wünsche der Künstler wieder, die Sehnsucht nach dem Dorf (die meisten kommen auf der Suche nach Arbeit in die Stadt), der frommen Hingabe oder auch der Wunsch nach materiellem Besitz (zum Besipiel bullige Sportwagen oder große Villen). Ebenfalls häufig findet man Bilder vom Taj Mahal (Mausoleum) und von Moscheen. Den Höhepunkt erreichte die Rikschakunst in den späten 70ern und in den 80ern.
Fast ausschließlich Männer sind es die sich künstlerisch an den Rikschas verewigen, nur wenige Begabte malen die Gemälde, die meisten verzieren die Rikschas mit Dekor. Joanna Kirkpatrick berichtet von ihren Reisen durch Bangladesh, dass sie nur von einer einzigen Künstlerin gehört hat. Die meisten reicheren (nicht nur) Frauen, meinen gar dass die Kunst an den Rikschas gar keine richtige Kunst sei, dass sie gar teilweise „vulgär“ sei. Mit der wachsenden Motorisierung in den Städten nahm dann das Verkehrschaos in den Städten immer mehr zu. Politiker, die sich am westlichen „Vorbild“ orientierten sehen die Rikschas als Zeichen der Armut und haben sie teilweise schon erfolgreich aus einigen Stadtteilen verbannt. Zusammen mit den modernen Photodruckmöglichkeiten ist die handgemalte Rikschakunst immer mehr in kleinere weniger verkehrsreiche Städte Bangladeshs verdrängt worden. In vielen Tiermotiven finden sich auch politische Aussagen versteckt. Die Rikschakunst in Bangladesh ist die Kunst der Armen und eine Stimme der Unterdrückten.
Quellen:
„The Ricksha Arts of Bangladesh“ by Joanna Kirkpatrick
Hintergrundtext zur Ausstellung von Walter Keller
großes Foto: Rikscha Taxi Dresden
„Rikschafahrer in Dhaka“: cc, Fotograf: Fionn Kidney, commons.wikimedia.org
„Dhaka, in der Nähe der Universität“: cc, Fotograf: Wikipedia-User Crosji, de.wikipedia.org